Samstag, 13. Juli 2013

(Rezension) Ein seltsamer Ort zum Sterben von Derek B. Miller

Titel: Ein seltsamer Ort zum Sterben
Autor: Derek B. Miller
Genre: Roman
Verlag: Rowohlt
ISBN: 978-3-499-23086-8
Taschenbuch: 416 Seiten
Preis: 14,99 €
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Inhalt:
Nach dem Tod seiner Frau ist Sheldon Horowitz mit 82 Jahren zu seiner Enkelin nach Oslo gezogen. In ein fremdes Land ohne Juden. Viel Zeit, um über die Vergangenheit nachzudenken. All die Erinnerungen. All die Toten.
Eines Tages hört Sheldon aus dem Treppenhaus Krach: Er öffnet die Tür, und in seiner Wohnung steht eine Frau mit einem kleinen Jungen. Kurze Zeit später ist die Tür aufgebrochen, die Frau tot und Sheldon mit dem Kind auf der Flucht den Oslofjord hinauf.
Was wollen die Verfolger von dem Jungen? Sheldon weiß es nicht. Aber er weiß: Sie werden ihn nicht kriegen.


Meine Meinung:
Politisch, Kritisch, Philosophisch. Der Roman von Derek B. Miller war, zumindest für mich, keine leichte Kost. Ja, teilweise war es sogar anstrengend weiterzulesen und ich muss zugeben, dass ich für dieses Buch schon ein paar Wochen brauchte. À La, lesen, kauen, schlucken, verdauen. Also ein gewisser Prozess war es auf jeden Fall.

Ich war sehr neugierig auf dieses Buch, vor allem weil sich das Genre dieses Buches nicht genau festlegen ließ. Das Buch vereint Krimi, Thriller und Roman, was doch an sich, eine ganz interessante Mischung ist. 
Im Mittelpunkt der Geschichte steht Sheldon Horowitz. Dieser 82-jährigen, warmherzigen, ehemaligen Marine lernt der Leser zwar im Laufe des Buches mehr und mehr kennen, bleibt jedoch für mich bis zum Ende des Buches ein ungelöstes Rätsel. Denn dieser jüdische Amerikaner oder amerikanische Jude?, ist alles andere als einfältig oder leicht zu verstehen. Sheldon ist ein Komplex für sich. Einerseits wird er als hochintelligent beschrieben und dann kommen wieder unklare Momente in denen ihn Visionen oder Erinnerungen aus seiner Vergangenheit und dem Koreakrieg sowie seiner verstorbenen Familie heimsuchen. An diesen Stellen fragt man sich, ob er nicht doch nur an Demenz leidet. So oder so fand ich ihn, als Charakter, wirklich spannend und hochinteressant.
Gut gelungen sind in diesem Buch ebenfalls die Nebencharaktere wie zum Beispiel die ermittelnde Kommissarin Sigrid, Sheldons Enkelin Rhea, ihr Mann Lars und sogar die Gegenspieler, sozusagen die "Bösewichte" im Buch, wobei der Leser sich ein umfassendes Bild der Gesamtsituation machen kann. Zu jedem Charakter gehört natürlich auch seine Vorgeschichte mit dem ganzen Drum und Dran. Diese wird dann leider aber auch in allen Einzelheiten ausgebreitet und störte meinen Lesefluss ungemein und stellenweise habe ich das Buch dann auch einfach mal weggelegt, weil es mir zu schnarchig wurde.
Was bei mir auch öfters zu Missverständnissen und Verwirrung führte, waren die ständigen und übergangslosen Perspektivwechsel. Im einen Satz wird noch aus Sheldons Perspektive erzählt und im nächsten erklärt seine Enkelin Rhea was sie von seiner Demenz und seinen Geisteszustand hält (*hust*).

So, genug gemeckert, gibt es denn auch etwas an dem Buch was mir gefallen hat? Jaaa! (Ok, mit sich selbst reden ist doch nicht so cool wie ich dachte) Ich stehe einfach auf Bücher in denen philosophiert wird, auch wenn ich es nicht immer gleich begreife und Textstellen oft bis zu dreimal lesen muss. Außerdem, hat der Autor eindeutig einen "etwas" schwarzen Humor, was ich super fand, denn ich habe eindeutig was übrig für schwarzen Humor ;)

ACHTUNG SPOILER
...während das Mädchen - eine junge Schwedin, die wegen der höheren Löhne den Sommer über hier ist - vorsichtig die Milch in seinen Latte macchiatio gießt, bis das florale Emblem des Cafés im Schaum abzeichnet.
Kadri knallt seine vierzig Kronen auf den Tisch und starrt dann auf den Kaffee.
Nach einer Weile schaut das Mädchen auch darauf.
Kadri sieht sie an und fragt: "Warum hast du eine Vagina in meinen Kaffee gezeichnet?"
"Bitte"
"Vagina. In meinem Kaffee. In den Schaum."
"Das ist ein Blatt"
"Ein Blatt?"
"Genau. Ein Blatt."
"Hast du schon mal ein Blatt gesehen, das so aussieht?"

Mir hat außerdem gefallen, dass das Buch auch viele große, größtenteils politische Themen anspricht: vermeintliche Schuld, ethnische Rache zwischen Volksgruppen, Krieg, Verluste und Schmerz.
Das Buch ist eigen und nicht jedermanns Stil. Ich kann mir vorstellen, dass sich viele Leute in diesen ganzen Ausschmückungen und Beschreibungen verlieren können, aber mir persönlich war es ein bisschen zu viel.
Eins ist allerdings nicht zu übersehen: Dieses Buch hat Stil! Trotz kleiner Verständnisprobleme habe ich Sheldon sehr lieb gewonnen und dass dieses Buch mal ein bisschen höhere Ansprüche an seine Leser stellt finde ich gar nicht mal so schlecht.

Schreibstil:
Stellenweise ein bisschen zäh und langatmig, ansonsten aber sehr anspruchsvoll, philosphisch und hochintelligent geschrieben. Die Charaktere wurden toll und detailliert beschrieben und sind in ihrer Originalität und Kreativität einfach Einzigartig. An dieser Stelle großes Lob an Miller!

Fazit:
Ein Buch für sich. Nicht jedermanns Sache, aber atemberaubende Charaktere gepaart mit schwarzem Humor ergeben einen tollen Roman. Es fordert und überfordert den Leser. Ich musste Geduld mit diesem Buch haben, denn ihm fehlte diese kleine Stimme die dir immer wieder zuflüstert dass du unbedingt weiterlesen musst.






So, ich habe wirklich ein bisschen mehr Zeit mit dem Buch verbringen müssen um mir über meine Meinung darüber klar zu werden, aber im Endeffekt bin ich ganz zufrieden mit meinem Werk ;) Auch wenn ich von "Vorablesen.de" schon eine kleine "Erinnerung" bekommen hatte, dass ich doch mal bitte endlich meine Meinung zu diesem Buch raushauen solle (keine Sorge, so haben sie es in der E-Mail natürlich nicht ausgedrückt ;))

Zum Autor:
Derek B. Miller, geboren in Boston und nach Stationen in Israel, England, Ungarn und der Schweiz seit längerem in Norwegen lebend, hat nach einer Promotion an der Universität Genf eine beeindruckende Karriere als Spezialist für Sicherheitspolitik absolviert. Er arbeitet für zahlreiche Gremien der UNO und Universitäten weltweit und ist Direktor eines Forschungsinstituts. «Ein seltsamer Ort zum Sterben» ist sein erster Roman, der zunächst auf Norwegisch veröffentlicht und seitdem in zahlreiche Länder (u.a. USA, Großbritannien, Australien, Frankreich, Israel, Niederlande, Spanien) verkauft wurde.

Ein großes Dankeschön gilt natürlich dem ROWOHLT VERLAG für das Vorableseexemplar und, nicht zu vergessen, der Community Vorablesen.

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